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Die Polizei agierte entsprechend. Ghassan Abu-Sitteh wurde am Berliner Flughafen die Einreise verweigert. Der Arzt, der nach Kriegsbeginn im Al-Shifa Krankenhaus in Gaza gearbeitet und noch am 6. Dezember dem Spiegel ein erschütterndes Interview über seine furchtbaren Erlebnisse dort gegeben hatte, sollte am Abend einen Vortrag auf dem Kongress halten. Stattdessen wurde ihm erklärt, dass er bis zum 14. April nicht nach Deutschland einreisen dürfe.

Boulevardmedien hatten deshalb monatelang gewarnt, in Berlin würden sich „Israel-Hasser“ und „Antisemiten“ treffen. Viele andere Medien hatten das aufgegriffen, die FAZ zog sogar Parallelen zur Wannseekonferenz. Politiker aller Parteien, von Union bis Linkspartei, hatten dagegen protestiert. Zu dem Treffen hatten diverse Gruppen und Initiativen eingeladen, die Berliner Innenverwaltung bezeichnet sie als „israelfeindliches Boykott-Spektrum“. Einer der Veranstalter war die Gruppe „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden“, von denen etwa ein Dutzend Mitglieder – manche mit Kippa als Juden erkennbar – an der Veranstaltung teilnahmen.

Grund für die Polizei, den Video-Vortrag von Abu Sitta abzubrechen, war offenbar ein Blog-Beitrag des 87-jährigen vom Januar. Darin hatte dieser geschrieben, wäre er jünger, hätte er einer derjenigen sein können, die am 7. Oktober die Blockade des Gazastreifens durchbrachen. Beim Überfall der islamistischen Hamas waren etwa 1.200 Menschen in Israel getötet worden. Als Redner war Sitta allerdings schon seit Monaten angekündigt, sein Vortrag also alles andere als überraschend. Dennoch griff die Polizei mit voller Härte durch, als sei akute Gefahr im Verzug.

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Den Versuch einiger Aktivisten, ihnen mit Tüchern die Sicht zu versperren, wurde von der Polizei rasch unterbunden. Vor Beginn der Veranstaltung wurden die Auflagen der Polizei verlesen: auf Deutsch, Englisch und Arabisch, denn das Publikum war international. Untersagt wurde etwa das Verbrennen von Fahnen, Gewaltaufrufe gegen Israel und Symbole terroristischer Organisationen. Nichts davon war auf der Veranstaltung zu sehen und zu hören, nur viele Palästinensertücher und ein paar palästinensische Fahnen.

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Kaum war die Veranstaltung beendet, begann in den Sozialen Medien der Kampf um die Deutungshoheit. Berlins Bürgermeister Kai Wegner schrieb, „wir haben klar gemacht, welche Regeln in Berlin gelten“. Bundesinnenministerium Nancy Fraser schrieb, „wir dulden keine islamistische Propaganda und keinen Hass gegen Jüdinnen und Juden“ – ein absurdes Statement, zumal bei dem Kongress mehr jüdische Teilnehmer waren, als etwa im Vorstand der „Deutsch-Israelischen Gesellschaft“ zu finden sind.

Linke Kritiker zeigten sich empört. „Der Faschismus ist zurück, und er braucht nicht einmal eine Regierung, um an die Macht zu kommen“, sagte Yannis Varoufakis in einem Video-Statement. „Ein Skandal“, schrieb der linke britische Autor Owen Jones. Auch Juristen äußerten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen. Für Empörung sorgte vor allem das Einreiseverbot für den Rektor der Uni Glasgow, Abu Sittah, und die Verhaftung eines jüdischen Teilnehmers, der eine Kippa mit Melonen-Muster trug, dem Symbol der Palästina-Solidarität. Weil sich Beamte darüber lustig gemacht hatten, hatte er einem Beamten Antisemitismus vorgeworfen.

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  • Tryptaminev@lemm.eeOP
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    7 months ago

    Einem renommierten britischen Arzt, der die Folgen der israelischen Angriffe in Gazas Al-Shifa Krankenhaus direkt miterlebt hat, wird die Einreise ohne Gründe verboten. Besonders pikant, da Ärzte ohne Grenzen und die UN Israel ein Massaker im Al-Shifa vorwerfen.

    Im vermeintlichen Kampf gegen Antisemitismus werden Juden von der Polizei verhaftet und verhöhnt.

    Der völkisch rassistische Bürgermeister von Berlin Kai Wegner (man erinnere sich an die Vornamendebatte) feiert sich dagegen als harten Hund für ein Vorgehen, dass außerhalb der deutschen Politik- und Springermedienblase als massive Repression und Bruch mit rechtstaatlichen Prinzipien und demokratischen Grundrechten gesehen wird.

    Ich teile die Auffasung von Varoufakis. Es braucht keine faschistischen Parteien an der Macht, wenn die vermeintlich demokratischen Parteien sich die Faschisten zum direkten Vorbild nehmen.

    • punkisundead [they/them]@slrpnk.net
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      7 months ago

      Also die Polizeistrategie (und die des Berliner Senats) ist hier leider voll aufgegangen. Durch mediale Vorarbeit, Repression vor Ort und Verbot beim aller ersten Anlass wurde der Kongress verumnmöglicht und jede Vernetzung unterbunden.

      Einem renommierten britischen Arzt, der die Folgen der israelischen Angriffe in Gazas Al-Shifa Krankenhaus direkt miterlebt hat, wird die Einreise ohne Gründe verboten.

      So als Hinweis gedacht: Im Post Body zitierst du einen Teil vom Artikel der den Grund benennt.

        • punkisundead [they/them]@slrpnk.net
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          7 months ago

          Hab hier mal den Artikel der als Begründung genommen wurde verlinkt und paar Zitate rausgesucht. Ich bin tatsächlich froh, dass der Mensch nicht in Berlin war und was der Mensch von sich gibt ist schon sehr eklig.

          (Das rechtfertigt in meinen Augen nicht das Vorgehen der Polizei, aber vllt sollten die beteiligten Gruppen auch mal reflektieren was für Arschlöcher sie einladen bevor sie ihre nächste Veranstaltung planen.)

          • Tryptaminev@lemm.eeOP
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            7 months ago

            Das sind zwei verschiedene Abu Sittah. Der Arzt ist Ghassan Abu Sittah und der kritisierte Forscher ist Salman Abu Sittah. Die beiden sind verwandt, aber Sippenhaft ist unrechtsstaatlich.

            Für den Arzt Ghassan wurden keine Gründe genannt.

            • punkisundead [they/them]@slrpnk.net
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              7 months ago

              Okay dann ist das eine Vermischung von Themen meinerseits. So ein bisschen denke ich, dass mir das mit deutschen Namen aufgefallen wäre. Vllt hab ich auch ein bisschen was zu reflektieren…

          • Kühe sind toll@feddit.de
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            7 months ago

            OK, Stimme dir da zu. Trotzdem ist es halt so(wie du gesagt hast), dass das nicht das vorgehen der Polizei rechtfertigt(zumindest nicht das auflösen. Das Einreiseverbot kann ich schon noch irgendwie verstehen).

    • punkisundead [they/them]@slrpnk.net
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      7 months ago

      Hab hier mal den Artikel der als Begründung genommen wurde verlinkt. Das erscheint mir jetzt kein Mensch für den ich in die Bresche springen würde und ich bin entsetzt, dass so jemand eingeladen wurde. Da ist vollkommen egal, wie renommiert er als Arzt ist oder was er erlebt hat, politische Vernetzung mit dem ist einfach absurd und wer diese anstrebt ist in meinen Augen nicht auf meiner Seite.

      • gnuhaut@lemmy.ml
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        7 months ago

        Zu deiner Meinung würde ich empfehlen, dass du mal wenigstes ein paar Minuten diese Interview-Antwort von Finkelstein anhörst, bevor du Palästinenser verurteilst, die sich mit den Kämpfern vom 7. Oktober solidarisieren:

        https://youtu.be/I_Sh-ERypMA?feature=shared&t=1287 (relevante Timestamp, aber es schadet auch nicht, das im Ganzen anzuschauen)

        • punkisundead [they/them]@slrpnk.net
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          7 months ago

          Nehm ich mir für morgen vor, aber der Mensch solidarisiert sich nicht nur sondern hätte gerne teilgenommen und leugnet gleichzeitig ganze Teile der stattgefundenen Übergriffe. Ich finde das ist nochmal was anderes. Ansonsten ist mir auch bewusst, dass diese Form der Gewalt nicht aus dem nichts kommt sondern in einem Kontext geschieht der für mich so ziemlich unvorstellbar ist. Mal gucken was ich mir aus deinem verlinkten Video so mitnehmen kann