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Frankfurt. Höhere Zinsen, Inflation, Konjunkturkrise: Die Preise für deutsche Immobilien stehen seit Monaten unter Druck – und die schlechten Nachrichten reißen vorerst nicht ab. Noch nie seit 60 Jahren fielen die Immobilienpreise „so schnell so stark“, schrieben die Forscher des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) mit Blick auf das Gesamtjahr 2023 vor wenigen Tagen.

Am Montag veröffentlichte der Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP), der die wichtigsten Immobilienfinanzierer hierzulande vertritt, neue Zahlen: Die Immobilienpreise rutschten im vierten Quartal 2023 über alle Segmente hinweg, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum, um durchschnittlich 7,2 Prozent ab.

Was ist gerade am Markt los? Wie schwer ist die Krise? Laut dem Verband gehen die Verschiebungen am deutschen Markt weiter. Die Entwicklung ist dabei je nach Sparte recht unterschiedlich. Ein Überblick.

Immobilienpreise in Großstädten: unterdurchschnittliches Minus

Die Rückgänge der Wohnimmobilienpreise in den sieben größten deutschen Städten fielen im vierten Quartal 2023 gegenüber dem Vorjahresquartal vergleichsweise deutlich aus – lagen aber unter dem Bundesdurchschnitt. So sanken die Preise in den sieben Metropolen Berlin, Hamburg, Köln, Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart und München durchschnittlich um 5,1 Prozent. In allen deutschen Städten zusammen lag das Minus bei 6,1 Prozent.

Weniger ausgeprägt sind die Abschläge im Vergleich zum Vorquartal. Die höchsten Preisrückgänge verzeichneten laut den Daten des VDP München (minus 2,3 Prozent), Frankfurt und Düsseldorf mit jeweils minus 1,7 Prozent. In Stuttgart sanken die Preise um 1,5 Prozent gegenüber dem dritten Quartal 2023, in Berlin lag der Rückgang bei 1,2 Prozent. Das geringste Minus unter den großen Städten zeigte sich in Köln, wo es 1,0 Prozent betrug. Offizielle Daten zu den Immobilienpreisen des Statistischen Bundesamts für das Schlussquartal 2023 liegen noch nicht vor.

Mieten in Deutschland: Die Preise klettern weiter

Der Aufwärtsdruck bei der Entwicklung der Mieten setzt sich fort, da viele Menschen wegen der Finanzierungsprobleme bei Kaufimmobilien auf den Mietmarkt ausweichen. Die Neuvertragsmieten bei Mehrfamilienhäusern stiegen im vierten Quartal kräftig um 5,8 Prozent zum Vorjahresquartal.

„Die Mietentwicklung zeigt: Wohnraum ist in Deutschland weiterhin ein sehr knappes Gut, insbesondere in Ballungsräumen“, sagt Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des VDP. „Angesichts der rückläufigen Wohnungsfertigstellungen müssen wir damit rechnen, dass der Wohnraummangel in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen wird.“ Weiter steigende Mieten wären die Folge, warnt der Verband.

Besonders stark ist diese Entwicklung in Berlin und München, die unter den Metropolen jeweils die höchsten Wachstumsraten bei Neuvertragsmieten (plus 6,7 Prozent und 5,5 Prozent) aufweisen. Im Durchschnitt erhöhten sich die Mieten in den sieben größten deutschen Metropolen insgesamt um 5,4 Prozent.

Bei Gewerbeimmobilien, deren Probleme inzwischen auch die deutschen Banken erreichen, fielen die Preisrückgänge den VDP-Daten zufolge erneut deutlich höher als bei Wohnimmobilien aus: minus 12,1 Prozent zum Vorjahresquartal und minus 4,9 Prozent zum Vorquartal. „Dazu trug überwiegend die Entwicklung der Büroimmobilienpreise bei, die auf Quartalssicht um 5,2 Prozent, auf Jahressicht um durchschnittlich 13,3 Prozent nachgaben“, heißt es beim VDP.

Aufgrund der Unsicherheit über die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland und der nach wie vor unklaren Auswirkungen des Homeoffice-Trends auf die benötigte Bürofläche bleibe die Nachfrage nach Büros verhalten, analysiert der Verband. Die Rendite bei Büroimmobilien hätte in der Breite offenbar noch nicht das Niveau erreicht, das Investoren erwarten, sagt Tolckmitt.

Demgegenüber seien Einzelhandelsimmobilien im Zyklus schon deutlich weiter vorangeschritten, „der erste Anstieg der Neuvertragsmieten nach mehr als vier Jahren ist ein Indiz dafür“, betonte der VDP-Hauptgeschäftsführer. Erstmals seit dem dritten Quartal 2019 stiegen die Neuvertragsmieten im Einzelhandel laut dem Index im Jahresvergleich wieder um 2,5 Prozent.

Eine schnelle Erholung im Gewerbesektor erwarten die Banken jedoch nicht. Mit einer Stabilisierung bei den Gewerbeimmobilienpreisen rechne er nicht vor Ende dieses Jahres, so Tolckmitt.

Wohnimmobilien zum Kauf: Preisverfall setzt sich fort

Bei selbst genutztem Wohneigentum – dazu zählen Eigenheime und Eigentumswohnungen – fielen die Preise laut dem Index im vierten Quartal wieder deutlich. Das Minus lag bei 5,8 Prozent zum Vorjahresquartal und minus 1,6 Prozent zum 3. Quartal 2023.

Die Preise für Mehrfamilienhäuser gaben im selben Zeitraum noch etwas kräftiger nach: um 6,3 Prozent. Zusammengefasst sorge dies für einen Gesamtrückgang der Preise für Wohnimmobilien in Höhe von 6,1 Prozent binnen Jahresfrist.

Mit einer Stabilisierung der Preise auf dem Wohnimmobilienmarkt könne jedoch im kommenden Sommer gerechnet werden, glaubt Tolckmitt.

Dank fortgeschrittener Preiskorrektur und sinkender Zinssätze, „spricht vieles für einen Wendepunkt der Immobilienmarktentwicklung und eine beginnende Erholung im Jahr 2024“, prognostizierte jüngst auch die Fondsgesellschaft DWS . „Möglicherweise zeigt sich gerade der Beginn einer Bodenbildung bei den Immobilienpreisen“, sagte auch IfW-Präsident Moritz Schularick vor wenigen Tagen. Dies würden aber erst die kommenden Quartale zeigen.

Der VDP veröffentlicht vierteljährlich auf Basis von Transaktionen Miet- und Preisindizes zur Entwicklung auf dem Immobilienmarkt. Der durch das Analysehaus VDP Research erstellte Index ist Bestandteil der Immobilienpreisbeobachtung der Deutschen Bundesbank. Grundlage bilden die von über 700 deutschen Banken eingelieferten Transaktionsdaten (tatsächlich realisierte Kaufpreise und Mieten) zu ihrem Immobilienfinanzierungsgeschäft.

Der Index ist damit aussagekräftiger als Analysen, die auf Inseraten beruhen. Denn beim Immobilienverkauf wird verhandelt, insofern sind Abweichungen vom Angebotspreis üblich.

  • TwoCubed@feddit.de
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    10 months ago

    Hab leider nicht alles lesen können, hole ich nach. Aber das als schlechte Nachrichten zu bezeichnen hat mich schon zum Lachen gebracht.

    Edit: ich bin selber Immobilienbesitzer, sprich ich bzw. meine Bank besitzt ein Einfamilienhaus. Mir geht es am Arsch vorbei, dass der Wert sinkt. Ich wohne in dem Haus und spekuliere nicht damit.

    • DrM@feddit.de
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      10 months ago

      Auch für private Vermieter ist das vollkommen egal, kaum ein Mieter zieht freiwillig um weil er etwas Miete sparen könnte. Das ist ausschließlich für große Immobilienfirmen und Investoren ein Dorn im Auge

      • Dayroom7485@lemmy.worldOP
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        10 months ago

        Ganz gehe ich nicht mit - wer hochpreisig in einem Ballungsraum gekauft hat um zu vermieten, hat jetzt schon ein Haar in der Suppe. Da will man ja oft nach exakt 120 Monaten, ohne Steuern zu zahlen, teurer weiterverkaufen. Das Geschäftsmodell hat gerade einen Platten.

        Aber im Grunde hast du Recht: Die Immobilieninvestoren, kommerziell oder privat, sind gerade gut gef*ckt.

        • DrM@feddit.de
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          10 months ago

          “oft” gibt es da aber nur in der r/Finanzen Bubble, in meiner Realität haben private Vermieter ihre Mietwohnungen und Miethäuser gekauft um für ihre Kinder im Studium eine Wohnung zu haben und um im Alter eine angenehme Nebeneinkunft zu haben um die sie sich nicht groß kümmern müssen. Nach 10 Jahren teurer verkaufen steht da bei niemandem auf der Kappe

  • notapantsday@feddit.de
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    10 months ago

    die schlechten Nachrichten reißen vorerst nicht ab

    Wie schwer ist die Krise?

    Lol, für 90% der Deutschen und für das Land als ganzes sind das ausgesprochen gute Nachrichten. Hoffen wir dass es so weiter geht.

    • Dayroom7485@lemmy.worldOP
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      10 months ago

      Publikum ist hier die Leserschaft des Handelsblatts - man weiß schon, welche Schicht man mit “schlechten Nachrichten” anspricht 🙃

  • DrunkenPirate@feddit.de
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    10 months ago

    Ich weiß, es mag konterintuitiv wirken, aber JETZT ist der beste Zeitpunkt ein Eigenheim zu kaufen, weil:

    • es erstmals ein Käufermarkt geworden ist ( Runterhandeln, kaum Mitbewerber, große Auswahl)
    • die realen Kreditzinsen niedrig bis negativ sind ( nominale 3-4% abzüglich 3-5% Inflation = -1 - 1 %, Lohnerhöhung aber wichtiger Faktor hier)
    • es nicht großartig weiter runtergeht (Leitzinssenkung in Sicht, Haltekosten von leeren Häusern niedrig)
    • Handwerker für Sanierung verfügbar sind (leere Auftragsbücher, Preise leicht runter(?), kein Liefermangel)

    Wir haben den Schritt letztes Jahr gewagt, mitten in der Krise. Es war aber auch ein „Filet-Haus“, welches man sonst nie bekommen hätte ;-) Es war genau ein Mitinteressent dabei!