Vorstandschefs schimpfen gerne über die Politik. Über ihr eigenes Versagen sprechen sie eher ungern. Dabei ist die Mittelmäßigkeit in vielen Chefetagen längst ein Risiko für den Standort Deutschland.
Das Wehklagen über den Standort Deutschland gehört seit Monaten zum Standardelement der Reden von Unternehmensführern: Die Energiepreise zu hoch, die Bürokratie überbordend, die Politiker unfähig. Nur über eines sprechen sie eher ungern: ihre eigenen Fehler. Es ist schließlich immer einfacher, Probleme mit “den Umständen” zu begründen. Die Politik aber ist nicht das einzige Standortrisiko, auch viele Konzernlenker in Deutschland gehören dazu: Sie verschlafen die E-Mobilität, stürzen sich in riskante Übernahmen oder setzten viel zu lange auf russisches Gas, statt ihre Lieferanten zu diversifizieren. Ist womöglich das Versagen in den Chefetagen der wahre Grund für Deutschlands Abstieg?
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Die Unternehmen haben sich ja auch wunderbar darin eingerichtet, dass sie im Notfall dann vom Staat gerettet werden. Und dass den Verantwortlichen beruflich selten etwas passiert und selbst wenn, haben sie in den Jahren vorher schon mehrere Millionen verdient und können den Rest ihres Lebens gemütlich chillen. Klar kann man dann auch nach 2014 noch fleißig in Russland investieren, gut Geld verdienen und dann 2022 völlig überrascht nach Staatsknete rufen, weil man das nicht hätte ahnen können. Kluges Wirtschaften ist das nicht.
Erinnert mich stark an den Text “Was macht die Qualität…” von Christian Nürnberger von 2013 oder so über Wirtschaftsjournalismus
Ich könnte weiterhin darüber reden, dass in der Diskussion über die Misere des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu kurz gesprungen wird. Die Misere Immer nur an der zu hohen Staatsquote festmachen, an zu hohen Steuern, zu üppigen Sozialleistungen, zu kurzen Arbeitszeiten, zu wenig Wettbewerb und an zu wenig Privatinitiative, das ist zu einfach. Es gibt auch längerfristig wirkende, tiefere Faktoren, die regelmäßig übersehen werden. Ich will nur einen nennen: Hitler hat die besten Köpfe unseres Landes in den Gaskammern umgebracht, in die Flucht getrieben oder im Krieg verheizt. Diese Köpfe haben nach dem Krieg gefehlt und sind häufig von eher mediokren Köpfen ersetzt worden. Wahrscheinlich deshalb haben wir in den 70er und 80er Jahren die Mikroelektronik verschlafen, die uns heute ein bis zwei Millionen Arbeitsplätze beschert hätte, wenn wir sie nicht verschlafen hätten. Dieses Verschlafen lässt sich an großen Namen der deutschen Wirtschaft festmachen, aber aus der Zeitung erfahre ich diese Namen nicht.
Wir brauchen in Deutschland sehr dringend aktivistische Investoren, welche den Boys Club mal aufmischen. Allerdings hat die SZ auch recht, dass man einfacher gegen schlechtes Managment klagen können sollte. Ich verstehe echt nicht wie Brudermöller noch bei BASF sitzt. Der Herr hat es mit Russland vergeigt, Wintershall Dea wird verkauft, nachdem es massiv Verluste gemacht hat und man investiert massiv in China, da man anscheint in Russland noch nicht genug verloren hat. Damit hat er trotz Inflation die Hälfte des Wertes der BASF zerstört. Solche Manager gehören gefeuert.
Ähnlich sieht es aus bei deutschen Versicherern. Wer Benko noch Geld in den Rachen schießt als er halb Pleite ist, gehört gefeuert.
Dass “Führungskräfte” in Firmen ein Problem sind, ist klar. Allerdings sind die Aktionäre nicht, wie im Artikel dargestellt, unschuldige Opfer, sondern Mittäter. Unternehmen, deren einziges Ziel ein hoher Börsenwert ist, machen halt bescheuerte Sachen, um den Börsenwert hochzutreiben. Weil der Börsenwert nicht unwesentlich von irrationaler Spekulation getrieben wird, geht das halt auch mal nach hinten los.
Der Aktienkurs wird aber auch von irrationalen, kurzfristigen Tradern bestimmt, während ein erheblicher Teil des Aktienvolumens wahrscheinlich rein passiv angelegt ist (ETFs und co., also entkoppelt vom eigentlichen Unternehmen).
Das ist eine vollkommen beschissene Kombination.
Die Fondsverwalter sind schon dazu angehalten entsprechend positiv für den Aktienwert des Unternehmens zu stimmen.
Ich hab spaßeshalber mal bei VW und Bayer nachgeschaut. Letzteres hat einen erstaunlich großen Float von 83%, Blackrock hält nur 7%. Bei VW sind es 25% institutionelle Anleger und 21% Free Float.
VW als Beispiel ist witzig, denn es ist besonders gut als abschreckendes Beispiel geeignet. Die Stories um die Softwaretochter sind nach dem Abgasskandal auch nur der kleinste Problemfaktor.
Dann wäre dies aber doch keine Standortnachteil für Deutschland, da anderswo genauso wahr?
Ja, die Leute sind praktisch überall nach der gleichen Ideologie ausgebildet, in der Hinsicht dürfte es da wenig Unterschiede geben. Der größe Unterschied dürfte eher kulturell sein. Die deutsche Gesellschaft hat kollektiv die technische Entwicklung der letzten 50 Jahre nicht nur verschlafen, sondern aktiv versucht, sie zu verhindern. Der Computer gilt noch immer nicht als ein wichtiges Werkzeug, das bei richtiger Benutzung massive Arbeitserleichterung bringt, sondern als der böse Endgegner, den es zu bekämpfen gilt, wo immer er auftaucht. Deshalb sind wahrscheinlich viele deutsche Schlipse nicht mal in der Lage, ohne fremde Hilfe eine E-Mail zu lesen, denn die wird ihnen immer von einer Schreibkraft in Farbe ausgedruckt und vorgelegt. Wer so einen lustigen Bullshit-Job hat, ist natürlich hochmotiviert, weil ständig direkt mit der offensichtlichen Unfähigkeit unserer hochkarätigen Führungskräfte konfrontiert. Dementsprechend gut fällt dann auch die Arbeit aus.